
"Die meisten Unternehmen haben den geplanten Auslandsaufenthalt sehr begrüsst"
YFU-Austauschjahr für Sek-SchülerInnen
In welcher Klasse und an welchem Schultyp warst du, als du dich bei YFU beworben hast?
Ich war anfangs neunter Klasse, also im letzten Jahr der Sekundarschule.
Wie hast du von der Möglichkeit, mit YFU ein Austauschjahr zu machen, erfahren?
Die grosse Schwester einer Freundin von mir hat ebenfalls ein Austauschjahr gemacht und uns dann in der Schule im Englischunterricht einmal eine Lektion lang davon erzählt. Von da an war für mich klar, dass ich auch ein Austauschjahr machen will. Nach langem Recherchieren über verschiedene Austauschorganisationen und Programme und dem Besuch von Infoveranstaltungen habe ich mich dann für YFU entschieden.
Welche speziellen Fragen ergaben sich für dich als Sekundarschülerin?
Da ich vor dem Austauschjahr ja die Sekundarschule fertig abschloss, gab es von schulischer Seite absolut keine Probleme. Ich musste mich weder um Beurlaubung noch um Anrechnung des Austauschjahres sorgen. Die grosse Frage war aber das Danach: Was mache ich nach dem Austauschjahr? Wie finde ich eine Lehrstelle, wenn ich doch während der Bewerbungsphase im Herbst gar nicht in der Schweiz sein werde und so keine Möglichkeit habe, mich persönlich in einem Unternehmen vorzustellen? Ich habe dann beschlossen, die Sache halt einfach etwas früher anzupacken und habe mich schon sehr vorzeitig um Schnupperlehren, Eignungstests und Bewerbungen gekümmert. Den Unternehmen habe ich bereits von Anfang an von meinem geplanten Austauschjahr erzählt und gefragt, ob ich mich deshalb ausnahmsweise bereits früher bei ihnen vorstellen könnte, auch wenn die Bewerbungsphase offiziell erst im Herbst losginge. Die meisten Unternehmen haben den geplanten Auslandsaufenthalt auch sehr begrüsst und waren bereit, mir etwas entgegenzukommen. Ich wusste natürlich, dass das trotzdem etwas risikoreich ist, weil ich ja keine Garantie auf eine Zusage hatte und ab August, aus dem Austauschland, nur noch sehr begrenzte Möglichkeiten haben würde für die Weitersuche. Schlussendlich hatte ich aber Erfolg und habe glücklicherweise die Zusage für meine Wunschlehrstelle bereits im Juli bekommen und konnte so sorglos in mein Abenteuer starten.
Wusstest du zu dem Zeitpunkt schon, was du nach deinem Austauschaufenthalt machen würdest?
Was ich nach dem Austauschjahr machen will, war für mich relativ schnell klar, und zwar eine KV Lehre im öffentlichen Verkehr. Die Planung meines Austauschjahres hat dann diesen Wunsch, eine Ausbildung in der Reisebranche zu machen, wo ich meine Fremdsprachen einsetzen kann, noch mehr bestärkt. Und der Plan ist aufgegangen, ich habe eine Lehrstelle bei login, dem Ausbildungsverbund des öffentlichen Verkehrs bekommen und den grössten Teil meiner Lehre bei der SBB gearbeitet.
Und wie hast du dein Gastland ausgewählt?
Mein Gastland Ecuador habe ich relativ spontan ausgewählt, nach einer ewig langen Phase von ständig wechselnden Länderwünschen und Präferenzen. Irgendwann habe ich mich dann auf Lateinamerika festgelegt, da ich diesen Kontinent, die Kultur und die Lebensfreude der Latinos unbedingt kennenlernen wollte. Ausschlaggebend für die Wahl Ecuador war dann die Ankunft unserer Austauschschülerin Caro aus Ecuador, die in der Schweiz in meiner Familie gelebt hat und mir ganz viel über ihr Heimatland erzählt hat. Spezielle Kriterien für meine Länderwahl gab es sehr wenige, ausser hauptsächlich meinem persönlichen Interesse an dem Land. Aber betreffend Sprache, Klima, Grösse oder Lage des Landes war ich sehr offen.
Würdest du dich heute anders entscheiden?
Nein, ich hatte ein wunderbares Jahr in Ecuador und bin immernoch absolut glücklich mit dieser Länderwahl.
Was ist deiner Meinung nach geeigneter für das 10. Schuljahr oder ein Zwischenjahr: ein Jahres- oder ein Semester-Programm?
Natürlich hat man bei einem Semesterprogramm, vor allem wenn man im Winter abreist, den ganzen Herbst Zeit für die Lehrstellensuche und muss sich da weniger Stress machen. Ich würde aber trotzdem jedem zum Jahresprogramm raten, da die Austauscherfahrung bei einem ganzen Jahr noch viel intensiver ist. Das zweite Halbjahr des Autschjahres ist meistens mehr der "Geniesser-Teil", da man die Sprache bereits (besser) spricht, langsam mit der Kultur und Lebensweise des Gastlandes vertraut ist und im besten Fall auch schon viele Freundschaften geknüpft hat. Im zweiten Semester kann man sich also viel mehr aufs Leben und Geniessen des Austauschjahres konzentrieren. Und ich hätte also nach 6 Monaten noch nicht zurück gewollt ;) Deswegen würde ich jedem, ganz egal ob Sek- oder Gymischüler zum Jahresprogramm raten, und dies nicht abhängig von der Schulsituation oder Lehrstellensuche machen.
Was würdest du anderen SekundarschülerInnen raten, die gerne für ein Jahr oder ein Semester ins Ausland gehen würden?
Ich habe für meine Lehrstellensuche viel Eigeninitiative und Hartnäckigkeit gebraucht, was sich schlussendlich auch ausgezahlt hat. Ich rate jedem, wirklich früh genug mit der Suche anzufangen, sich gut zu informieren und die Unternehmen davon zu überzeugen, dass es sich lohnt, bei dir eine Ausnahme zu machen und die Bewerbung schon früher entgegenzunehmen. Das Austauschjahr kann man natürlich auch gut als Karte ausspielen. Und schlussendlich auch nicht zu viele Sorgen machen: Wenn man sich Mühe gibt, sollte alles tiptop klappen, und wenn nicht, findet sich immer eine andere Lösung.
Was sind aus deiner Sicht die Vorteile, wenn man ein Austauschjahr macht?
Auf jeden Fall eine gewisse Lebenserfahrung, die man vielen direkten Schulabgängern voraus hat, wenn man die Lehre beginnt. Selbständigkeit, Verantwortungsbewusstsein und Offenheit sind Kompetenzen, die ich im Austauschjahr erworben oder verbessert habe und die für mein späteres Berufsleben sehr hilfreich waren. Und dann natürlich auch das Sprechen einer weiteren Fremdsprache, was in meinem Fall gerade im Tourismusbereich immer von Vorteil war.
Und noch allgemein am Schluss:
Ich kann jedem Sekschüler nur von Herzen zu einem Austauschjahr raten, lasst euch nicht abschrecken vor Lehrstellensuche und der Frage nach dem Danach, und lasst euch ja nicht einreden, ein Austauschjahr sei nur was für Gymischüler. ;) Je mehr Sekundarschüler ein Austauschjahr vor ihrer Lehre machen, desto mehr Betriebe werden darauf aufmerksam werden und diese Erfahrung zu schätzen wissen und uns so hoffentlich in Zukunft auch noch mehr entgegenkommen können bei der Lehrstellensuche.