Salome

Weltentdecker-Bericht aus Paraguay

Wo auf den Strassen jeder nach seinem eigenen Gesetz fährt und an jeder Ecke Köstlichkeiten locken.

Salome ist Weltentdecker-Stipendiatin. Für uns hat sie ihre ersten Eindrücke von Paraguay aufgeschrieben.
YFU Switzerland:

Salome ist seit August 2015 in Paraguay im Austausch. Wieso hast du dich für ein Austauschjahr entschieden, und wie hast du die Ankunft in Paraguay erlebt?

Salome:

Auf und davon von Zuhause, weg von all dem Gewohnten. Mein Leben in der Schweiz habe ich sehr genossen, doch der Reiz in ein Land zu gehen, von welchem vielen Leuten nicht einmal seine Existenz bekannt ist, war einfach zu verlockend.
Und da sass ich im Flugzeug, spähte aus dem kleinen Fenster, als die Durchsage im Lautsprecher ertönte, dass wir uns jetzt im paraguayischen Luftraum befinden. Paraguay präsentierte sich in all seiner Pracht. Die Sonne liess die verzweigten Flussarme, welche sich durch das satte Grün schlängelten glitzern und funkeln. Ein Paradies wie man sich es erträumt.

YFU Switzerland:

Das tönt ja wirklich traumhaft! Gibt es auch Sachen, die anders als in der Schweiz sind?

Salome:

Im Auto zu sitzen mit fremden Leuten, die nun für ein Jahr deine Familie sein sollte, es war ein spezielles Gefühl. Auf den Strassen wird gefahren wie man will, weder den Blinker stellen, noch die Anzahl Fahrspuren werden beachtet. Es fahren so viele Autos nebeneinander wie Platz haben. Ähnlich ist es mit den Motos; ganze Familien quetschen sich auf ein kleines Motorrad, welches unter dem Gewicht nur noch gemächlich voran zu kommen scheint. „In Südamerika herrscht ein ruhigeres Leben" hört man von allen Seiten, doch auf den Strassen scheint das nicht unbedingt der Fall zu sein. Die hübsch verzierten Busse machen den Anschein im nächsten Moment auseinanderzufallen, flitzen aber geschickt durch die Strassen. Ganz nebenbei scheinen die Chauffeure hier ein Talent des Multitaskings zu besitzen; geben das Wechselgeld und Ticket heraus, schlürfen gemütlich ihren „Terere“ (kalt aufgegossener Tee) und fahren gleichzeitig den Bus, dabei stets in Ausschau nach potenziellen Fahrgästen. Ab und zu kommen Leute in den Bus und verkaufen allerlei Sachen, von Socken über Kaugummi bis Fruchtsaft und Chipa (traditionelles Brotgebäck aus Maisstärke, Käse und Anis).

YFU Switzerland:

Wie erlebst du das Familienleben bei deiner Gastfamilie?

Salome:

Die herzliche Begrüssung von der ganzen Familie und das erste gemeinsamen BBQ, hat mir das Gefühl gegeben zu Hause zu sein. Trotzdem lebst du in einem „fremden“ Haus und Kultur, wo andere Regeln herrschen. Von der Kultur her werden die Mädchen hier generell gut behütet von ihren Familien. Manchmal fällt es mir schwer ihre Entscheidungen zu akzeptieren, weil ich einen ganz anderen kulturellen Hintergrund habe. Dinge die ich als simpel und total ungefährlich ansehe, wird in ihrer Kultur als gefährlich eingestuft, was Reibungspunkte entstehen lässt, wenn man deren Grund nicht kennt. Ich habe eine Schwester, Jazmin. Sie ist ein Jahr älter als ich und geht mit mir in dieselbe Klasse. Mit Schwestern hatte ich zuvor keine Erfahrung, und ich werde mit ganz anderen Situationen konfrontiert, als ich es von meinem Bruder gewohnt war. Dafür mache ich jetzt Dinge mit ihr, die ich mit meinem Bruder nicht machen würde.
Wir haben ein kleines Haus im Land draussen an einem kleinen Fluss, fern weg von allem und ohne Handyempfang. Wir verbrachten ein gemütliches Wochenende dort mit der Familie und einigen Freunden meiner Schwester, und werden sicherlich noch viele weitere dort verbringen, jetzt wo der Sommer da ist mit der Hitze und wir nun drei Monate Schulferien haben.

YFU Switzerland:

Wie ist das Leben in Asuncion, der Hauptstadt von Paraguay?

Salome:

In der Stadt ist das Leben stets am Laufen, doch all die Leute, die handgemachten Schmuck, Essen oder ihre gefälschten Waren versuchen zu verkaufen geben dem Ganzen eine ruhige, gemütliche Stimmung. Es gibt viele kleine Boutiquen und Kioske. Am Flussufer ein schöner, doch kleiner Strand, die“ Costanera“. Die angrenzende Strasse wird am Abend geschlossen, und die Leute kommen her, um Go-Karts, Velos oder Rollerblades zu fahren.

An der gegenüberliegenden Strassenseite leben viele, zu viele Menschen, deren Zuhause aus ein paar wenigen Holzbrettern besteht. Im Sommer sind sie der glühenden Hitze ausgesetzt. Frauen waschen in einer Seelenruhe die Kleider am Strassenrand, die Kinder spielen fröhlich Fussball; beindruckt gehe ich an ihrer Siedlung vorbei. Der unangenehme Duft von der Kloake steigt mir in die Nase, doch will ich mir nichts anmerken lassen, denn das wäre respektlos und arrogant den dort lebenden Menschen gegenüber. In meinen Gedanken abgeschweift, frage ich mich, wie sie das bloss im Sommer machen, mit der feuchtheissen Luft, die dann schwer über der Stadt liegen muss.

Keine zehn Meter entfernt ragt der protzige Präsidentenpalast aus dem Boden. Er zieht all die Aufmerksamkeit auf sich und weg vom Armenviertel gleich daneben. Es ist schon ein krasses Bild das so live zu sehen, und wie es einfach so als normal akzeptiert wird. Wobei es hier sehr viel Freiwilligenarbeit gibt, um den Menschen ohne grosse Chance in der Gesellschaft zu helfen, sei es medizinisch oder um sie zu unterstützen ein richtiges zu Hause zu bauen.

Die Hauptstadt Asuncion ist architektonisch nicht wirklich sehenswert und auch Museen gibt es nur sehr wenige. Überall an den Strassenrändern hat es Bäume, die ein frischeres Klima in die Stadt bringen und wertvollen Schatten schenken. Wenn du aus der Stadt fährst ist die Natur umso schöner. Stundenlang sind wir durch Felder, Wiesen, rollende Hügel und kleine Dörfer gefahren. Bis zum Fusse der höchsten Erhebung Paraguays; der Hügel „Tres Kandu“ mit 842 Metern Höhe. Mit einer Gruppe haben wir den Hügel bestiegen. Schmale Pfade haben sich durch den kleinen „Dschungel“ geschlängelt. Der Aufstieg dauert etwa eine Stunde. Oben angekommen präsentiert sich eine wunderschöne Aussicht über die grüne Landschaft.

YFU Switzerland:

Wie verbringst du das Wochenende?

Salome:

Jeder Sonntag wird mit der Familie verbracht, meistens treffen sie sich um gemeinsam ein BBQ zu machen. Was ich versichern kann ist, dass man nicht nach Argentinien gehen muss um gutes Fleisch zu essen. Nicht nur grosse fette Fleischstücke, auch zarte Hühnerherze und Kuhzungen, sowie Blutwürste werden grilliert. Dazu gibt es Mandioka (ein Wurzelgemüse, das im Geschmack einer Kartoffel ähnelt) und Salate.

YFU Switzerland:

Wo gehst du zur Schule? Wie ist der Unterricht?

Salome:

Ich habe nun knapp vier Monate in der Schule „St. Anna“ verbracht, montags bis freitags von acht Uhr morgens bis halb vier Uhr nachmittags. Uniform ist natürlich Pflicht wie in praktisch allen Schulen hier. Meine Schule ist zweisprachig, Spanisch- Englisch, wobei der grösste Anteil der Fächer auf Englisch unterrichtet wird. Es ist eine der besten Schulen in Paraguay und nur sehr wenige können sich diese kostspielige Bildung leisten. Das Bildungsniveau ist von Fach zu Fach sehr unterschiedlich. In einigen Fächern ist der Treffpunkt von Freunden im Mittelpunkt und der Unterricht Nebensache, und generell ist es viel unruhiger. Und im Sportunterricht ist relaxen und plaudern angesagt, wozu ich nicht nein sage, in der Hitze und der langen Uniform.

YFU Switzerland:

Würdest du jetzt ein anderes Land als Austauschdestination wählen?

Salome:

Alles in Allem bin ich froh, Paraguay ausgewählt zu haben, auch wenn ich den genauen Grund dafür selbst nicht kenne. Es war mein Bauchgefühl, das mich hierhergebracht hat und es war definitiv ein guter Ratgeber.

YFU Switzerland:

Herzlichen Dank für diesen tollen Einblick in deine Zeit in Paraguay! Wir wünschen dir noch eine unvergessliche Zeit!

Salome:

Danke!